Es ist in den frühen Morgenstunden, es ist noch dunkel. Eine Guerillagruppe kommt von irgendwo her, um einen Soldaten zu kidnappen. Nach Stunden sehr vorsichtiger Bewegung erreicht die Gruppe ihr Ziel. Der Überfall beginnt. Innerhalb von Sekunden sieht der Soldat nur noch einen Gewehrlauf. Ein Schlag ins Gesicht mit dem Gewehrkolben. Der Soldat fällt blutend auf den Boden. Die Kidnappers packen ihn, fesseln ihm die Hände und verbinden ihm die Augen - und verschwinden mit ihm in der Nacht.
Pflanze einen Olivenbaum in deinen Garten. Das sagte mein Vater immer, erzählt Reiseleiter Hassan Al-Ahmad während er mit seinen großen braungebrannten Händen sanft über die süßduftend zartgelbe Blütenrispe streicht: "Der Olivenbaum ist ein Zeichen des Friedens, und er bringt Nahrung." Jede Familie im Heiligen Land habe deshalb einen Olivenbaum im Garten - "Ich auch", sagt der 39-Jährige und seine dunklen Augen strahlen. Das tun sie immer, wenn er von seiner Familie erzählt, immer dann, wenn er sich an sie erinnert. Er lässt den Olivenzweig los. Die Erinnerung an seine Frau Wesam und die drei Kinder ist oft das Einzige, was ihm über Monate hinweg bleibt. Denn Hassan ist Palästinenser und kann deshalb trotz kurzer Entfernungen im Heiligen Land nach Dienstschluss nicht nach Hause fahren. Die vielen Checkpoints der israelischen Soldaten hindern ihn daran, in seinem Land dorthin zu gehen, wo er wohnt, wo sein Olivenbaum steht.
Jerusalem. Vom 22. bis 28. August 2005 führte eine europäische Delegation ehemaliger Minister aus den Niederlanden, Irland und Deutschland sowie ein hochrangiger ehemaliger Botschafter Frankreichs eine Informationsreise nach Israel und Palästina ( d.h. in die besetzten palästinensischen Gebiete) durch. Der Delegation gehörten ferner fünf Vertreter europäischer Zivilgesellschaften an. Delegationsleiter war Professor Andreas van Agt, 1977-1992 Premierminister der Niederlande.
Wie jeden Morgen um halb acht Uhr stand ich am Checkpoint Beit Hadassa, um Schuelerinnen und Lehrerinnen der Cordoba-Schule in "Empfang zu nehmen".Ich war allein an diesem Morgen und traf auf einen israelischen Soldaten, der ebenfalls allein auf Wache war und gelangweilt an der Mauer neben seinem Unterstand lehnte. Nach einem freundlichen "good morning" kam er auf mich zu und schien eine Unterhaltung mit mir beginnen zu wollen.
Vier Jahre in Israel leben und arbeiten bedeutet, sich einem permanenten Zielkonflikt ausgesetzt zu sehen. Einerseits hat man das Empfinden, bereits 15 Jahre im Land zu sein. Andererseits frage ich mich: Wo sind diese vier Jahre geblieben? Meinem ersten Arbeitstag am 01. September 2000 folgte vier Wochen später, am 28. September, der Beginn der sogenannten zweiten Intifada. Der Ablauf schrecklicher Ereignisse mit traumatischen Folgen hat das Land Israel in Atem gehalten.
Ich bin ein Jugendlicher wie alle anderen Jugendlichen, die unter schwierigen Bedingungen leben. Sie leben, ohne etwas über eine Sache zu wissen, die Zukunft genannt wird. Ohne, dass sie Hoffnung auf Leben sehen, weil alles unmöglich ist, weil alles schwierig wird, bis hin zum bloßen Denken ans Leben. Weil Israel uns keinen Ort lässt, in den wir eintreten können. Damit trifft es die Seele jedes Palästinensers, der schwach ist und nicht stark genug, um an die Liebe zum Leben zu denken. Weil sich aufgrund ihres Schicksals in ihrem Leben nichts Leichtes befindet. Weil sie daran gehindert werden, glücklich zu sein.
Jedes Mal, wenn ich wegen der Selbstmordanschläge um meine Meinung gefragt werde, werde ich nervös. In der augenblicklichen Atmosphäre scheint jeder Versuch, über Terrorismus zu diskutieren, unannehmbar, wenn man ihn nicht vollkommen verurteilt. Doch bleibt es unwiderruflich Tatsache, dass in Israel Selbstmordanschläge geschehen. Sie geschehen oft und mit Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung.